Ueli Berger und sein Schaffen

Zeichner, Plastiker, Grafiker, Fotograf, Videokünstler, Designer, Architekt und Maler – Ueli Bergers Künstlerlaufbahn ist vielfältig. Das Schaffen des während rund 50 Jahren tätigen Schweizer Künstlers findet auch nach seinem Tod im November 2008 national wie international grosse Bedeutung.

Unzählige Skizzenbücher zeugen von seinem eifrigen Schaffen. Er nutzte dieses Vorgehen, um Ideen zu sammeln, seine kreativen Gedanken festzuhalten und den Planungsprozess der zuweilen komplexen räumlichen Installationen zu dokumentieren. In seinen Zeichnungen zeigt sich eine einheitliche Handschrift des sonst sehr unterschiedlichen Schaffens. Sie sind träumerisch, experimentell und zeigen diverse Varianten auf, beinhalten Mögliches und Unmögliches. Mal arbeitet er geschliffen und präzise, dann wieder spontan und bruchstückhaft. Er sucht mit der Wahl der Materialien und deren Umsetzung immer wieder neue Wege.

Spielerisch hat er Alltagsgegenstände verfremdet wie zum Beispiel Gummiabdichtungen oder Autoscheiben, die er zu Objekten zusammenstellte. Geometrische Formen wie Kugeln und Würfel trennte er und fügte sie neu zusammen. Ein Stuhl beginnt scheinbar in der Wand zu versinken und bezieht dadurch seine Umgebung direkt mit ein. Durch diese Veränderungen eröffnet er dem Betrachter eine neue Sichtweise auf vertraute Gegenstände. Auch Eingriffe in die Natur finden auf diese Weise statt. So hat er beispielsweise eine Scheibe von zwölf Metern Durchmesser aus mit Gras bewachsenem Boden zur Hälfte angehoben, so dass die andere Hälfte in den Boden einzukippen scheint. Oder er hat einen VW-Käfer mit Gras überwachsen. Viele dieser Werke existieren heute nicht mehr im freien Raum, sind jedoch fotografisch festgehalten.

Unter Ungleiches und Gleiches sind seine „Twins“ einzuordnen. Jeweils zwei annähernd identisch aussehende Objekte sollen das Auge verwirren. Ueli Bergers Ausgangslage ist die Frage der Wahrnehmung: z.B. was ist schwer, was leicht? Welches ist der Stein, welches das Brot? Gerne möchte man die Objekte berühren und merkt dabei, wie einseitig und unpräzise das Sehen allein sein kann.

Bei Fotomontage, Druckgrafik, Monotypie und Frottage setzt sich der Künstler mit der Wechselwirkung von Fläche, Raum und Linie auseinander. Er täuscht zweidimensionale Erscheinungen als dreidimensional vor, indem er zum Beispiel von schwarz eingefärbten verkratzten Autoscheiben Abdrücke auf Papier anfertigt, die wie ein Sternenhimmel aussehen.
Vielfältig ist Ueli Berger auch im Gebrauch der Sprache. Die Titel seiner Werke bergen wichtige Botschaften für den Betrachter und bilden oft ein Sprachspiel. Er kreiert unsinnige Wörter wie MAGERBLAU, die humorvolle und absurde Vorstellungen wecken und einem doch das Gefühl geben, man habe eine klare Vorstellung von deren Aussehen.

Bei allen Arbeiten von Ueli Berger spürt man kreative Neugier und eine grosse Lust am spielerischen Experiment.

Ausstellung und Schwerpunkte des Leitfadens.

Die Ausstellung im Kunstzeughaus zeigt in einer Hommage eine Retrospektive über dieses langjährige und vielfältige Schaffen von Ueli Berger. Darin liegt ein grosses Potential, eigene Themen für die Arbeit mit Schülerinnen und Schülern zu finden. Die Ausstellungsobjekte und der Leitfaden sollen einen kreativen, individuellen und experimentierfreudigen Zugang ermögliche

Für die Vorbereitungen im Unterricht, den Ausstellungsbesuch mit den Schulklassen sowie die Umsetzung im Unterricht werden jeweils dieselben vier Schwerpunkte gesetzt:

1. Arbeiten mit Alltagsmaterialien (Recycling)
Die Schülerinnen und Schüler erfahren unterschiedliche Nutzungen von Alltagsmaterial. Sie experimentieren mit Verformungen und Kombinationen von zwischenzeitlich nutzlos gewordenen Objekten und erlangen dadurch neue Sichtweisen von Materie, Form und Aussage. Aus welchen Materialien und Formen besteht mein ausgedienter Spielzeugkran? Gibt es wiederkehrende Elemente, die sich neu zu einem Objekt anordnen lassen?

2. Twins: Gleiches und Ungleiches
Die Schülerinnen und Schüler setzen sich kreativ mit Gleichem und Ungleichem auseinander. Sie spüren, ertasten und erforschen, warum zwei Objekte als Gleiches wahrgenommen werden, obschon sie nicht identisch sind. Ausgehend vom Schaffen des Künstlers übertragen sie diese Erfahrungen in ihre Lebenswelt. Wie wäre es beispielsweise, einen Zwillingsbruder, eine Zwillingsschwester zu haben?

3. Monotypie und Frottage
Die Schülerinnen und Schüler tasten mit Papier und Farbe die unterschiedlichsten Strukturen von Flächen ab. Dadurch entstehen auf Papier Muster, in denen Sternenhimmel, Wiesen oder anderes zu erkennen ist. Mit Fantasie und Offenheit für Ungeahntes erleben sie ihr Umfeld neu. Wie lässt sich die Struktur einer Windschutzscheibe eines Autos auf Papier bringen? Wie unterscheidet sich der Abdruck vom Schulzimmerboden von demjenigen des Pausenplatzes?

4. Sprache und Sinn
Die Schülerinnen und Schüler spielen mit Wörtern und Begriffen. Sie machen sich Bilder von Ausdrücken und suchen Bezeichnungen für Objekte. Sie nehmen wahr, wie diese zusammenhängen und unsere Sicht der Dinge beeinflussen. Welche Verbindungen sind zufällig, welche bewusst, und wie beeinflussen sie meine Wahrnehmung?


















   
 

Fotos:

 

artefix kultur und schule

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